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In erstklassiger persischer Schafschurwolle auf Schurwolle geknüpft. Nach Motiven alter Ushak Teppiche gestaltet.
Der Kelim, als Teppich der besonderen Art verleiht er dem Raum das gewisse Etwas.
Der erste Blick am frühen Vormittag aus dem Hotelfenster auf Urumqi enttäuschte. Statt der exotischen Welt der autonomen Region Xinjang Uygur sahen wir eine moderne Großstadt mit Hochhäusern, breiten, mehrspurigen Ausfallstraßen und lebhaftem Verkehr. Nichts ließ erkennen, dass wir uns in Zentralasien und im äußersten Nordwesten der Volksrepublik China nahe der Grenze zu Kasachstan befanden. Wir - das sind Thomas Michel, Teppichfachhändler aus Wiesbaden, der für eine spontan reisewillige Gruppe von Teppichkaufleuten eine Tour von Peking über Urumqi und Kashgar nach Pakistan über den Khunjerab Pass auf dem Kharakorum Highway entlang der alten Seidenstraße geplant hatte. Nach zahlreichen Absagen verblieben in der kleinen Reisegruppe neben Thomas Michel selbst und einem branchenfremden Freund von ihm heimtex-Chefredakteur Hans-Jürgen Hömske mit Ehefrau Christine. Wir waren in völliger Dunkelheit nach einem abenteuerlichen Flug mit einer Notlandung in der von unserer Reiseroute weit entfernten ehemaligen chinesischen Hauptstadt Xi'an mit erheblicher Verspätung und einer Ersatzmaschine in Urumqi gelandet. (Siehe auch Reiseberichte heimtex Nr.11/01 und Nr.12/01).
Ein Überangebot an Waren aller Art, angefangen von Bekleidung und Schuhen über Haushaltswaren, Kunstgewerbe und Teppiche bis hin zu Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und exotische Spezialitäten, wie zum Beispiel getrocknete Schlangen oder Echsen, bestimmt das Bild des Bazars von Urumqui, der Hauptstadt der autonomen Region Xinjiang Uygur im Nordwesten der Volksrepublik China.
Schon bei den Reisevorbereitungen hatten wir unsere Schwierigkeiten mit Urumqi. Die Hauptstadt der autonomen Region Xinjiang Uygur wird in den verschiedenen Atlanten und Reiseführern unter unterschiedlichsten Namen, wie zum Beispiel Urumchi, Ürümqi, Urumptsi, Urunchi, aber auch als Ti-hua-hsien, Ti-hua-shi, Tihwa, Tihwafu oder Wu-lu-mu-ch'i-shi geführt und war so kaum auf einer Landkarte zu entdecken. In der modernen Stadt, die, wie wir später erlebten, auch eine lebendige Altstadt aufweist, leben rund 1,1 Mill. Einwohner, vorwiegend Uiguren, aber auch chinesische, kasachische und kirgisische Minderheiten. Urumqi, in einer Höhe von über 900 m in einer fruchtbaren Oase gelegen, erlebt schon seit Ende der 50er Jahre eine stürmische Aufwärtsentwicklung, da in der Region Erdöl gefunden wurde und sich zudem in der Umgebung Kohle- und Eisenerzvorkommen befinden. Unser von der Warterei in der Nacht zuvor leicht übermüdeter einheimischer Reiseführer präsentierte uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wichtigstes Besuchsziel war ein riesiger Vergnügungspark, geschmückt mit in allen Farben leuchtenden Papierdrachen und grellen Vögeln. Künstliche Seen, kleine Wasserfälle und Bachläufe ließen fundierte, überlieferte chinesische Kenntnisse der Landschaftsgestaltung erkennen. Ein bei Temperaturen um 30 Grad Celsius nicht leicht zu erklimmender Aussichtspunkt gab einen imposanten Blick über die moderne Stadt mit ihren Hochhäusern und über die weite Ebene bis zu den schneebedeckten Gipfeln des Tian Shan frei. In die Parklandschaft eingestreute buddhistische Tempel gaben einen Eindruck ehemaliger Religiosität, die heute in der Region vom Islam dominiert wird. Die Besuche einer staatlichen Teppichmanufaktur und einer ebenfalls staatlichen Ausstellung von Kunsthandwerk der Uiguren, die zum obligatorischen Touristikprogramm in Urumqi zählen, lehnten wir dankend ab, wollten lieber durch die Altstadt der Uiguren-Metropole streifen. Damit hatte unser Reiseführer, Student der Xinjiang Universität und damit ein Kind der Moderne, seine Schwierigkeiten. Er musste sich zum Bazar seiner Heimatstadt durchfragen. Die Geschäftsstraßen auf dem Weg dorthin präsentierten sich als turbulente Mischung westlichen Konsumvergnügens und alten Handelstraditionen. Straßenhändler priesen ihre Waren lautstark neben kapitalistischen Konsumtempeln an, kleine Krämerläden behaupteten sich neben Leuchtreklame geschmückten Geschäften lautstarker, moderner Unterhaltungselektronik.
Der Bazar selbst bot sich als Einkaufsparadies aus den Märchen aus 1001 Nacht an: Berge von Obst und Gemüse waren in den löchrig überdachten Gängen ebenso zu finden wie exotische Delikatessen in Form von getrockneten Schlangen und Echsen. Der Duft unterschiedlichster Gewürze wirkte zeitweise betäubend. Haushaltswaren aus Plastik, Metall und Keramik waren zu kunstvollen Pyramiden aufgetürmt. Für modebewusste Damen und Herren waren die Trends von den 50er Jahren bis zur Neuzeit ebenso vertreten wie mit viel Silber und Gold verzierte Folklore-Teile. Händler und Kunden gleichermaßen erlebten wir in diesem Bazar in einer ruhigen, gelassenen Ausgeglichenheit. Es gab keine Hektik, keine marktschreierische "Touristenanmache". Die Fremden aus dem Westen wurden freundlich akzeptiert, mit einem Lächeln begrüßt. Teppiche zeigten sich überwiegend in negativer Aufmachung als billige Maschinen-Webware, vielfach als grelle Bildteppiche in einem für westliche Augen nicht nachvollziehbarem Geschmack. Thomas Michel fand nach längerem Suchen bei einem Teppichhändler ein paar ältere Chinesen aus Xinjiang, aber beschädigt. Daneben gab es ungewaschene afghanische Teppiche und überwiegend Belutschen, die aber im Bazar teurer waren als beim in Deutschland ansässigen Importeur.
Noch am gleichen Abend ging es wieder zum Flughafen und weiter nach Kashgar. Diesmal erfolgte der Start von Urumqi aus fast pünktlich und gleich mit einer Boeing und keiner Absturz gefährdeten Iljuschin. In Kashgar klappte der Transfer einmal mehr perfekt, auch wenn wir so langsam mit den Zeiten durcheinander kamen. In China werden alle Uhren automatisch nach Peking-Zeit gestellt, gleich in welcher Zeitzone des Riesenreiches man sich befindet. Die einzelnen Regionen allerdings kümmern sich zumindest bei dieser Regelung wenig um Peking und leben in ihrer eigenen Zeit. Es war jedenfalls stockdunkel und wir gingen davon aus, dass es Nacht ist, als wir mit lautstarken Trommeln, schrillen Flöten und wirbelnden Tänzerinnen vor dem Hotel in Kashgar begrüßt wurden. Das Hotelpersonal war auf der herrschaftlichen Treppe angetreten, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Der beeindruckende Empfang galt allerdings nicht uns allein, sondern auch einer weiteren europäischen und größeren Reisegruppe, für diese es teilweise keine Zimmer mehr gab. Unser Reiseführer, ein gewitzter Uigure und Kenner der Verhältnisse, hatte schon während der Begrüßungszeromonie die besten Zimmer für uns belegt, während sich andere Reiseführer noch lautstark an der Rezeption um verbliebene Kontingente streiten mussten. Während die heftigen Streitereien noch anhielten, saßen wir schon beim kühlen Bier in der Night Bar, die sich als lauschiger Biergarten unter hohen Bäumen im Freien entpuppte.
Thomas Michel als penibler Teppichkaufmann ist bei seiner Vielzahl an Reisen stets bestens vorbereitet. Also hatte er auch für Kashgar eine ganze Reihe von Adressen parat, bei denen es eine gute Auswahl an seltenen Teppichen geben sollte. Mit dem Taxi rückten wir schon am frühen Vormittag im Bazar von Kashgar an und fanden auch sofort einen Teppichhandel, dessen Ausmaße eine Großauswahl versprachen. Nur kannte dort keiner die auf den Visitenkarten vermerkten Namen. Doch wir sollten, so wurde uns mit Händen und Füßen und in einer uns unverständlichen Sprache erklärt, später wieder kommen. Dann werde uns ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Wir nutzten die Zeit, um durch den gerade öffnenden Bazar zu streifen. Es bot sich eine ähnliche Warenvielfalt wie in Urumqi, nur fehlten die hässlichen Teppiche nach chinesischem Volksgeschmack. Überall wurden wir freundlich begrüßt und mussten - ganz ohne aufdringlichen Kaufzwang - eine Vielzahl von Kopfbedeckungen, angefangen vom Fez bis zur bei der Hitze erdrückenden Fellmütze mit dichten Ohrenklappen, probieren.
Die Schlacht ist fast geschlagen. Nach mehrstündiger Durchsicht der Stapel ist von der vorherigen Ordnung im Teppichlager im Bazar von Kashgar nicht mehr viel übrig geblieben.
Die Stadt Kashgar, auch Kashi oder Kaxgar genannt, liegt mit ihren etwa 175000 Einwohnern, überwiegend muslimische Uiguren, in einem fruchtbaren Oasengebiet am Fuße des Pamir Gebirges. Sie stellt das gewerbliche Zentrum im trockenen Westteil des Tarimbeckens dar und gilt als bedeutender Knotenpunkt wichtiger Verkehrslinien zwischen China, Kirgistan, Tadschikistan, Afghanistan, Indien und Pakistan. Es gibt keine großen Industrien wie in Urumqi.
Das fruchtbare Oasengebiet um Kashgar ist Sitz zahlreicher Teppichknüpfereien. Im Bazar bei den Teppichhändlern der uigurischen Provinzstadt findet sich ein internationales Angebot mit Teppichen aus allen bekannten Knüpfregionen über die Grenzen Chinas hinaus. Teppichkaufmann Thomas Michel aus Wiesbaden (Dritter von links) und heimtex-Chefredakteur Hans-Jürgen Hömske (Zweiter von rechts) werfen einen ersten prüfenden Blick auf das Angebot in den riesigen Stapeln.
Die Stadt Kashgar, auch Kashi oder Kaxgar genannt, liegt mit ihren etwa 175.000 Einwohnern, überwiegend muslimische Uiguren, in einem fruchtbaren Oasengebiet am Fuße des Pamir Gebirges. Sie stellt das gewerbliche Zentrum im trockenen Westteil des Tarimbeckens dar und gilt als bedeutender Knotenpunkt wichtiger Verkehrslinien zwischen China, Kirgistan, Tadschikistan, Afghanistan, Indien und Pakistan. Es gibt keine großen Industrien wie in Urumqi. Die Stadt ist von Landwirtschaft, Handwerk und Handel geprägt und präsentiert sich in weiten Teilen mit einem morbiden Charme. Viele der alten Häuser haben bessere Zeiten erlebt und viel von ihrer handwerklichen Pracht eingebüßt. Manches wirkt baufällig, wird aber weiter genutzt und bewohnt. Die Stadt befindet sich im Umbruch zwischen Tradition und Neuzeit. Wir stießen später auf hochmoderne Stadtviertel mit pulsierendem Leben, mit für die Zukunft gebauten Straßen, neuen Wohnblocks und modernen Geschäften. Die Stadt ist von Landwirtschaft, Handwerk und Handel geprägt und präsentiert sich in weiten Teilen mit einem morbiden Charme. Viele der alten Häuser haben bessere Zeiten erlebt und viel von ihrer handwerklichen Pracht eingebüßt. Manches wirkt baufällig, wird aber weiter genutzt und bewohnt. Die Stadt befindet sich im Umbruch zwischen Tradition und Neuzeit. Wir stießen später auf hochmoderne Stadtviertel mit pulsierendem Leben, mit für die Zukunft gebauten Straßen, neuen Wohnblocks und modernen Geschäften.
In ganz Zentral- und Westasien berühmt ist der Sonntagsmarkt in Kashgar. Mittlerweile steht er auch auf dem Programm zahlreicher Chinarundreisen. Die Bauern aus der fruchtbaren Oasenlandschaft um Kashgar nehmen weite Wege auf sich, um mit Bussen, Eselskarren oder altersschwachen LKW zu diesem Markt zu kommen.
Auf dem Markt werden Vieh, vom Singvogel bis zur Taube, Schafe und Ziegen, Pferde, Esel und Rinder ebenso angeboten, wie alle Güter des täglichen und mittelfristigen Bedarfs. Es wird gefeilscht und gehandelt. Aber es geht nicht nur um Geld und Geschäfte. Der Sonntagsmarkt ist auch Kommunikationsmittelpunkt für die ganze Region, Treffpunkt der Bauern und Händler und nicht zuletzt Sonntagsausflug für die ländlichen Familien der Uiguren.
Zunächst aber war Teppicheinkauf angesagt, schließlich befanden wir uns nicht auf einer Vergnügungsreise. Mehr als fünf Stunden wühlten wir uns bei hochsommerlicher Hitze durch Berge von Teppichen, diesmal von einem der auf den Visitenkarten vermerkten Teppichhändler betreut. Thomas Michel zermürbte als erfahrener Routinier die Verkäufer, ließ immer wieder aufs Neue Teppiche auslegen, bemängelte Fehler, traf eine Vorauswahl, verwarf Entscheidungen wieder. Das einst geordnete Teppichlager machte bald den Eindruck eines Schlachtfeldes. Michel, ausschließlich auf der Suche nach gut erhaltenen älteren und alten Stücken, wühlte sich durch Hotan- und Kotan-Teppiche, nahm Ware aus Buchara und Samarkand in Augenschein, ließ sich so ziemlich alles, angefangen von China und Pakistan über Afghanistan und den Kaukasus bis hin zu Russland und Persien, zeigen, was nicht aus neuer Produktion stammte und stellte zum Entsetzen der Verkäufer immer wieder fest, dass es hier ja nichts Besonders gebe, was er nicht woanders auch kaufen könne.
Durchaus weltoffen und international zeigt sich Kashgar den wenigen ausländischen Besuchern. Der Eingang zum Bazar als internationales Handelszentrum von Zentral- und Westasien lädt die Kunden gleich viersprachig in Persisch, Chinesisch, Englisch und Russisch zum Einkaufsbummel ein.
Schließlich fanden aber doch etwa 17 Stücke Gnade vor seinen Augen. Daraufhin begann die Preisdiskussion, die dem uigurischen Geschäftsinhaber zeitweise die Tränen in die Augen trieb, war er doch bei den Preisvorstellungen von Thomas Michel dem Hungertod nahe. Doch auch verhärtete Fronten ließen sich mit viel Tee und Cola aufweichen, so dass es schließlich zu einem für beide Seiten zufriedenstellenden Abschluss kam. Leichte Schwierigkeiten bereitete lediglich noch die finanzielle Abwicklung, ging es doch um einige Tausend US-Dollar. Der Pekinger Agent war nicht zu erreichen, da Samstag war und in Peking nicht gearbeitet wurde, während im fernen Nordwesten des Riesenreiches die Schweißperlen flossen. Doch die Fachkompetenz und das Verhandlungsgeschick von Thomas Michel hatten Eindruck gemacht. Die Ware wurde auf Vertrauensbasis zurück gelegt. Der Teppichhändler versprach, sich selbst mit dem Agenten in Peking in Verbindung zu setzen. Drei Tage später bei unserer ersten Station in Pakistan erfuhren wir, dass das Geschäft perfekt über die Bühne gegangen war.
Wir hatten für unseren Aufenthalt in Kashgar bewusst ein Wochenende gewählt, denn der legendäre Ruf des Sonntagsmarktes von Kashgar war selbst bis in das weit entfernte Deutschland gedrungen. Wir machten uns am Vormittag mit unserem einheimischen Führer mit dem uns zur Verfügung gestellten Kleinbus auf den Weg zum Marktplatz und gerieten in ein beängstigendes Verkehrschaos. Hunderte klapprige Busse, alte LKW voll beladen mit Vieh, Eselskarren mit ganzen Großfamilien als Ladung, Pritschenwagen von dürren Pferden gezogen, alte Männer mit Handwagen, Viehherden und schwer bepackte Bauern zu Fuß hatten den gleichen Weg wie wir. Schon weit vom eigentlichen Marktplatz entfernt hatten Straßenhändler ihre Stände aufgebaut oder ihre Waren einfach am Straßenrand ausgebreitet. Wir mussten noch eine beachtliche Fußstrecke zurück legen, um in das Gewirr von Menschen und Tieren auf dem eigentlichen Markt eintauchen zu können. Es war wie eine Reise in eine andere Welt. Archaische Typen mit langen Bärten und zerfurchten Gesichtern, verschleierte Frauen, neugierige Kinder betrachteten uns interessiert und freundlich. Hier waren wir die Exoten. Auf die Kochkünste aus den Garküchen verzichteten wir dankend, waren vielmehr bemüht, als Stadtmenschen nicht in allzu engen Kontakt mit Pferde- oder Eselshufen, mit Schaf-, Kuh- oder Ziegenmist zu kommen.
Gewagte Konstruktionen schützen die Bauten am Rande des Marktes von Kashgar vor dem Fluss Kax He. Er dient während des Marktes als Viehtränke und Waschgelegenheit für die Tiere, die vor dem Verkauf heraus geputzt werden.
Der Markt dehnte sich über ein riesiges Gelände, und jeder Schritt bot neue Überraschungen. Wir beobachteten die Arbeit der Open-Air-Friseure, die mit kratzigen Messern Glatzen schufen und Bärte stutzten oder die gleichfalls im Freien arbeitenden Zahnärzte, deren Auslagen mit Gebissen allein schon Furcht erregend wirkten. Wir erlebten die Wäsche der Pferde und Esel im schmutzigen Wasser des Kax He, der den Markt durchtrennt. Wir sahen die Preisverhandlungen auf einem kleinen Spezialmarkt für Vögel, auf dem die Uiguren Singvögel und Brieftauben, ein hier weit verbreitetes Hobby, kauften und verkauften. Nach dem Besuch des Marktes durchstreiften wir die Altstadt, sahen den Handwerkern, vor allem Töpfern, Schreinern und Schmieden, bei der Arbeit zu und genossen vom romantischen Innenhof eines alten Bürgerhauses aus den weiten Blick über das fruchtbare Tal des Kax He.
Während des Sonntagsmarktes in Kashgar finden sich nicht nur auf dem eigentlichen Marktplatz die Händler ein. Überall auf den Straßen werden Waren angeboten, wie hier am Straßenrand auf einer Brücke Teppiche.
Nächstes Ziel unserer Reise war Kashkurgan, letzte und einzige chinesische Stadt im Pamir Gebirge vor der Grenze zu Pakistan. Ein recht komfortabler sechssitziger Toyota mit Fahrer Alim und unserem schon bewährten Reiseführer Abdoul holte uns fast pünktlich vom Hotel in Kashgar ab. Die Fahrt führte durch kunstvoll bewässerte Felder und Obstplantagen, die sich mit Steinwüsten abwechselten. Die gut ausgebaute Straße stieg ständig und langsam an. In einem kleinen Provinznest erlebten wir noch einmal uigurische Marktatmosphäre, nur wesentlich geruhsamer als auf dem Sonntagsmarkt von Kashgar.
Das Aus auf der ersten Überlandstrecke von China nach Pakistan kam überraschend schnell. Der geländegängige Toyota gab nach den ersten Steigungen im Pamir Gebirge den Geist auf und blockierte einige Zeit die nicht allzu stark befahrene Bergstraße.
Mit den ersten steileren Steigungen wurde auch unser westliches Fahrzeug zunehmend langsamer, bis es stehen blieb. Alim machte sich auf die Suche nach der Ursache und wir genossen in etwa 2 500 m Höhe strahlenden Sonnenschein und den Reiz des Steinewerfens in einem Flussbett, neugierig beäugt von einigen Dromedaren auf der anderen Seite des Flusses. Der Anblick schneebedeckter Gipfel vor uns machte die hochsommerliche Hitze erträglich.
Dass in der Region von Kashgar neben Baumwoll- und Seidenstoffen, neben Lederwaren und Schmuck auch Teppiche hergestellt werden, zeigt sich in der Moschee von Kashgar. Die langen Gänge und Flure sind mit handgeknüpften Teppichen ausgelegt. Im Inneren der Moschee finden sich einige antike Kostbarkeiten der Knüpfkunst.
Nach zwei Stunden Reparatur sprang der Wagen wieder an, gab jedoch seinen Geist sofort wieder auf, als wir wegen einer Baustelle stoppen mussten. Fleißige Frauen sind ständig dabei die hier noch im Pamir Gebirge Kharakorum Highway genannte Straße nach Steinschlägen und Unterflutungen zu flicken. Obwohl das Verkehrsaufkommen gering war, bildete sich ein kleiner Stau, der sich auch nach Beendigung der Straßenbauarbeiten nur schwer auflöste, da unser Wagen mitten auf der Straße als Verkehrshindernis die Weiterfahrt verweigerte. Etliche freiwillige Helfer versuchten, mit der westlichen Elektronik eines Toyota klar zu kommen, mussten aber ergebnislos aufgeben. Alim schaffte es im Alleingang den Wagen wieder flott zu kriegen, der sich dann allerdings nur noch im ersten Gang und im Schneckentempo durch die immer steiler aufragenden Felswände bewegte. Auf etwa 3700m Höhe erreichten wir ein Hochplateau. Dort haben die Chinesen in weiser Voraussicht auf kommende Touristenströme eine Raststätte erbaut mit großen Panorama-Fenstern, einigen Jurten als Unterkunft für abenteuerlustige Gäste und sogar einigen Hotelzimmern, die zwar schon über Toiletten, aber noch nicht über fließendes Wasser oder Heizung verfügten.
Zur Ausstattung gehörten außerdem einige Dromedare für einen zünftigen Ausritt an einem kristallklaren, romantischen Bergsee mit Blick auf schneebedeckte Bergketten von über 7000 m Höhe. Wir genossen die letzten Strahlen der wärmenden Nachmittagssonne mit einem Spaziergang am See. Dann machte sich ein eisiger Wind von den Bergen breit. Das Restaurant der Raststätte zeigte sich gut beheizt und mit Speisen und Getränken gut versorgt. Als es dunkel wurde, kam für die Beleuchtung der Generator zum Einsatz, der auch den Fernseher mit Strom versorgte. Wir waren erstaunt, wie viele Menschen in dieser menschenleer scheinenden Gegend hier am Abend zusammen kamen, um sich Stühle rückend um den Fernsehapparat zu gruppieren. Etwa gegen 22 Uhr wurde der Generator abgeschaltet und das Fernsehvergnügen war vorbei. Wir verzogen uns in die beiden unbeheizten, aber immerhin verfügbaren Doppelzimmer. Zimmertemperatur 13 Grad Celsius mit fallender Tendenz. Auch in den Zimmern wurde der Strom abgeschaltet. Nachdem wir alle in der Dunkelheit nur auffindbaren Kleidungsstücke angezogen hatten, krochen wir unter die dünnen Bettdecken und bereiteten uns auf eine eisige Nacht vor.
Hans-Jürgen Hömske